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African Queen CoiffureExotik und Heimatgefühle, die findet man bei «African Queen», wie MimiTchan­tchos Laden heisst.

Ein Stück Heimat

Es gibt sie in jeder Stadt: Einzelne Strassen mit ihren exotischen Läden; oder ganze Quartiere, in denen man sich in der Fremde fühlt. Für viele Migranten bedeuten sie ein Stück Heimat.
Text: Christina Horisberger Bilder: Tanya Hasler
Und doch, über Weihnachten essen wir Panet­tone aus dem Tessin mit Kandisfrüchten – wie aus Sizilien. «Nicht alles machen sie gut, die Sizilianer. Aber auf das, was sie wirklich können, bin ich stolz.»

Und schon sind wir bei der Esskultur! Sind bei der Sprache und nach Heimat klingenden Namen! Bei Geschmacksnoten und Verpackungen. Natürlich hätten wir auf ihren Rat auch an den Flughafen fahren können, wo «Heimat» mit den automatischen Schiebetüren in kleinen Flutwellen in die Halle schwappt, langsam verebbt und eine Viertelstunde später von einer weiteren Welle aus einem anderen Land ersetzt wird.

Heimat! Das sind aber auch die vielen Läden, Shops, Take-aways und Restaurants, die in urbanen Zentren ganze Strassenzüge, ganze Quartiere prägen; oder manchmal auch ganz versteckt liegen, einem Geheimtipp gleich und ein kleines Stück fremde oder eben – eigene – Kultur vermitteln. Das «Anders-artige» kündigt sich unsereins schon von der Strasse aus an: mit den Schildern und Fotoplakaten in anderen Schriftzeichen, einer anderen Bildsprache, den auf­gestapelten – sofern erlaubt – Früchten und südlän­dischen Gemüsen. Im Winter liegen Tücher auf der Catalogna, den Okra-Schoten, die es das ganze Jahr über gibt, da unverzichtbar für die jeweilige Küche.

Sweet Home

«Hier findet man alle Produkte und Zutaten, wie sie auch Mutter in der Küche verwendet – das ‹Sweet Home-Feeling›, sagt nicht ohne Stol der Geschäftsführer des Asia Shops an der Zürcher Birmensdorfer­strasse. In der winterlichen Kälte winken die Porzellankatzen mit ihrer Pfote meditativ durch die matten Schaufenster. Kaltes Deckenlicht, grauer Novilon-Boden: Die Innenarchitektur mit ihren Drahtgestellen und der kalten Deckenbeleuchtung zeigt sich mit unterkühltem Charme. Doch ist man erst mal drin, taucht man als «Hiesige» ein in diese exotische Welt mit Sojasauce, reihenweise in 5-Liter-Kanistern, unzähligen Sorten Nissan-Suppen, fremden Gemüsesorten, tiefgefrorenen Meeresfrüchten.

Und im Kleinangebot gibt es hier alles, was für Asiatinnen und Asiaten Heimatgefühl verspricht: vom Dampfkörbchen in unterschiedlichsten Grössen bis zum Haarspray. «Es sieht hier manchmal eher wie in einer Lagerhalle als wie in einem gepflegten Food-Shop aus», entschuldigt sich der Geschäfts­führer. Mit den immer einfacheren Import- und Transportmöglichkeiten soll sich das ändern: weniger gestapelte Lagerprodukte, mehr Frischware.

Auf der Suche nach Exotik steht dies für den globalisierten Städter nicht im Vordergrund, ist aber verständlich aus der Sicht des Ladeninhabers: Man ist stolz auf die eigene (Ess-)Kultur, entsprechend attraktiv will man sie präsentieren. Vor allem auch, weil nicht nur Asiatinnen und Asiaten auf der Suche nach dem «Eigenen», sondern auch immer mehr Europäer hier einkaufen, mal dies und jenes probieren und mit der Zeit das Sortiment besser kennen.

Welschland

Alle Orte, die wir in Zürich besucht haben und die unsere Fotografin Tanya Hasler porträtiert hat, verbindet für Migrantinnen und Migranten das Versprechen, ein Stück Heimat anzutreffen, sich auf Gewohntes verlassen zu können: eine vertraute Sprache, Düfte, Verpackungen, Ingredienzen und Musik. Auch Musik ist wichtig. Für die Diaspora sind es Orte, wo keine Übersetzungsleistung nötig ist, kein Kulturtransfer. Hier müssen keine Erklärungen abgegeben werden. Das gilt umgekehrt aber auch für den Quartier- und Spezialitätenladen «Welschland», der für sein Fondue weit über die Kantonsgrenze hinaus berühmt ist. Hier versteht man sich in der Liebe zu kleinen Manufakturen von Käse und Wurst aus der welschen Schweiz, dem Wissen um das Woher und Wie. Heimatkultur über den Röstigraben hinweg.

Klein Istanbul

Läden wie «Welschland» liegen ebenso im Trend wie die Exotik ausländischer Lebenmittelläden. So findet sich in den Zürcher Stadtkreisen 3, 4 und 5 der vertraute kleine und gehobene Quartierladen mit Selbst­verständlichkeit in der Nähe des «Türken» und «Italieners». Fremd und unbehaglich fühlen sich Besucherinnen und Besucher aus Agglomeration und vom Land vielleicht noch an der Langstrasse, weil hier das Fremdartige und (noch) etwas Ungepflegte überwiegt, was gleichgesetzt wird mit dem Un­­be­hagen fremden Kulturen – früher dem dortigen Sexgewerbe – gegenüber.

Doch Zürich ist in dieser Hinsicht ein «Dorf». In Berlin sind es ganze Stadtteile wie Kreuzberg, die sich in «fremden Händen» befinden. In Kreuzberg lebt weit über ein Drittel aller Berliner Türken. Da hier nicht selten verschwommene Vorurteile von «Kebab, Kriminalität und gegenseitigem Misstrauen» (Quelle: www.welt.de) festgemacht werden, bieten die Ber­liner Verkehrsbetriebe seit einigen Jahren «Klein-­Istanbul-Touren» für Neugierige an. Denn Minarette, Dampfbäder und Teestuben sind seit Jahrzehnten ein fester Bestandteil von Kreuzberg.

Little Italy …

Zu jedem ersten London- oder New York-Trip gehört der Besuch von Chinatown. Andere exotische Stadtteile, so aufregend und bunt sie den Besuchern auch immer erscheinen, haben historisch allerdings auch ihre Schattenseite. Sie entstanden aus Armut oder aufgrund von Gettoisierung. In New York waren die italienischen Einwanderer im 19. Jahrhundert auf günstigen Wohnraum angewiesen. In Little Italy in Manhattan lebten damals an die 40 000 Italiener in zumeist schmuddeligen Mietshäusern, die 17 Blocks rund um die Mulburry Street umfassten. Die Häuser waren derart dicht aneinandergebaut, dass untere Stockwerke kaum Licht bekamen. Dieses Bild wird heute manchmal noch auf neu entstehende Migrations-Quartiere übertragen.

Im 19. und frühen 20. Jahrhundert entsprach das heruntergekommene Image noch der Realität. So hatten auch Epidemien wie Tuberkulose starke Auswirkungen. Und auch das organisierte Verbrechen – in Little Italy die Mafia und die Cosa Nostra – hatten grossen Zulauf. Mit den sozialen Aufstiegsmöglichkeiten bis Mitte des 20. Jahrhunderts lösten sich in New York die ethnischen Viertel wie Little Italy langsam auf.

An die Geschichte des Italo-Viertels erinnert heute noch die «Festa di San Gennaro», ein grosses Fest, das in der Mullberry und der Grand Street jedes Jahr am 19. September abgehalten wird. Und die New Yorker schätzen das italienische Viertel vor allem wegen des preiswerten italienischen Essens. (Quelle: Wikipedia). Wiederum ist es das kulina­rische Erbe, das als «Erinnerung» an eine einst lebendige Kultur im Quartier bestehen bleibt.

… und Chinatown

Historisch bedeutsam ist die Entstehung der Chinatowns in den grossen Metropolen wie New York oder San Francisco – im Spannungsfeld von Ausbeutung und Stigmatisierungen. Mitte des 19. Jahrhunderts führte der kalifornische Goldrausch zu einem ersten chinesisch-amerikanischen Migrationsschub. Auch für den Bau der transkontinentalen Eisenbahn und zum Aufbau der kalifornischen Landwirtschaft und Fischerei leisteten die Chinesen einen wichtigen Beitrag. Ausgelöst worden war der Migrationsschub einerseits durch die chinesisch-amerikanischen Seehandelsbeziehungen als Folge des von China verlo­renen Ersten Opiumkrieges (1840 – 1842).

Die Lage und Massenarmut durch den Zweiten Opiumkrieg (1856 – 1860) führte zu einer zweiten Massenauswanderung, die sich anfänglich auf den südostasiatischen Raum beschränkte, sich mit dem Goldrausch weiter auf Amerika ausdehnte. Die Mehrzahl der chinesischen Migranten waren Bauern und Handwerker, die ihre Frauen und Kinder im Heimatland zurückliessen. Und sie hatten stark unter dem Rassismus der europäischstämmigen Bevölkerung zu leiden, der in den 1870er-Jahren in Massakern und der Zwangsansiedlung der chinesischen Einwanderer in Chinatowns gipfelte. Verschärft wurde der Konflikt 1882 durch den Chinese Exclusion Act: Die Neu-Einwanderung wurde darin für mehr als 60 Jahre verboten, was einen Familiennachzug verunmöglichte.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Einreisesperre für Angehörige aus sieben vorwiegend muslimischen Ländern, initiiert durch Trump-Berater Stephen Bannon, ist dies ein Thema von aktueller politischer Brisanz. Von den mehr als 3,3 Millionen Chinesen, die heute in Amerika leben, gehören übrigens die meisten der Mittelschicht an, und sie sind gut integriert. Sie sind ebenso wie andere Einwanderer ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. 

« ‹Welschland› ist ein Speziali­tätenladen für Produkte aus derwelschen Schweiz, aber auch ein beliebter Quartier- treff. Es macht Spass, hier zu arbeiten. Es bleibt immer Zeit füreinenkurzen oder längeren Schwatz.»

Carolina von «Welschland»

Pasticceria Caredda

Lian-Hu-Supermarkt

«Welschland»

EGE-Import/Export

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    03 | 2019

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